9. n. Tr.
9. Sonntag nach Trinitatis (Reihe VI)
1. Petrusbrief, Kapitel 4, Verse 7 - 11
(28. 7. 2002)
Es ist aber nahe gekommen das Ende aller Dinge.
Vom "Ende aller Dinge" zu reden ist etwas anderes als von unserem Ende (dem Tod) zu sprechen. Zwar sollen wir uns als Christen immer unserer "End"-lichkeit bewusst sein, aber der Apostel Petrus spricht bewusst vom Ende der Dinge, also vom Ende der Welt. Darunter versteht er nicht nur etwas Negatives wie es z.B. der Zusammenbruch aller menschlichen Ordnungen darstellen würde, was Menschen bei dem Niedergang eines großen Imperiums oder überhaupt in chaotischen Zeiten immer wieder erleben können und auch erlebt haben, sondern darunter versteht er das besondere christliche Glaubens-Bewußtsein, nämlich dass ein Christ immer im Ausblick auf das Kommen Gottes zur Aufrichtung seiner "end"-gültigen Herrschaft leben müsse. Gewiss ist sie, wo sie erlebt wird, immer auch Gericht, aber ein Gericht, das von Gottes Gnade überstrahlt ist. Glaube hat diese beiden Inhalte im Auge zu behalten: Erfahrung von Schuld, Sünde und Tod, aber auch Erlösung, Vergebung von Schuld, Freisein und Hoffnung auf Erneuerung. Dieser Ausblick auf das Kommen Gottes im Sinne des Glaubens an die Wiederkunft Christi ist daher keineswegs negativ besetzt, sondern vielmehr positiv: Das heißt, wir haben Hoffnung; wir lassen uns nicht gehen, wir verkriechen uns nicht vor lauter Angst vor den Schwierigkeiten des Tages und der kommenden Zeit, denn die vor uns liegende Zeit selbst ist immer Gottes Zeit, ihm geschuldet, erfüllt von seinem Ruf zur Umkehr an die Nichtgläubigen wie auch an uns, nicht nachzulassen in der Liebe zu Gott und zum Nächsten. Diese Weisung kann auch in der Gemeinde nicht oft genug wiederholt werden, weil wir im Alltag meist in unseren Problemen zu ersticken drohen.
Der Aufruf zur Liebe untereinander besteht hier insbesondere in der Mahnung zur Besonnenheit und zur Nüchternheit im Gebet (7), aber auch zur gegenseitigen Vergebung von Schuld, "der Sünden Menge zudecken" (8), wie es unter Bezugnahme auf Sprüche 10 heißt. Ausserdem wird auch ungeheuchelte Gastfreundlichkeit empfohlen (9). Ganz generell wird das Leben der Christen als ein Leben im Dienst für andere gesehen (10), wobei hier die unterschiedlichen Gaben der Christen Beachtung finden sollen. Als die "guten Haushalter der mancherlei Gnade Gottes" sollen wir mit unseren Gaben füreinander auftreten. Dabei wird im abschließenden Vers 11 auch das Predigen zu den von Gott verliehenen Gaben gerechnet, die im Haushalt der Gemeinde ihren eigenständigen Platz erhalten sollen, so dass Diakonie und Gutestun nicht alles ist, worum man sich in der Gemeinde zu kümmern habe. Das Predigen darf ebenfalls nicht aus dem Aufgabenbereich der Gemeinden ausgeklammert werden. Vielleicht ist hier noch nicht an ein spezielles Predigtamt gedacht, aber da in einer Gemeinde nicht jeder alles tun könne, weil auch wir Christen keine Alleskönner sind, ist es gut, Menschen zu haben, die sich für diesen Dienst bereit halten. So ist das Handeln der Christen auf der sozialen Ebene, im Umgang miteinander, immer irgendwie auf die Predigt von Gottes Wort und damit zentral auf Jesus Christus bezogen zu denken. Sein Werk und sein Kommen geben der Gemeinde im Glauben an ihn in ihrem ganzen Tun eine letzte Ausrichtung.
War am Anfang des Predigttextes von dem Ende aller Dinge die Rede, so heißt es jetzt ganz folgerichtig und im Sinne der positiven Ausrichtung der Arbeit der Gemeinde Jesu in dieser Welt, dass sie in allen Dingen "Gott preise". Sie tut das mit ihrer Verkündigung von Jesus Christus und sie tut das mit ihrer ständigen Bereitschaft zur Vergebung von Schuld und zum Dienst am Nächsten nach den Möglichkeiten ihres besonderen "Haushaltes" an Gnadengaben Gottes. Das Bekenntnis zu Jesu "Ehre und Gewalt" dürfte sich auch von dem im Taufbefehl Jesu am Schluss des Matthäusevangeliums Gesagten herleiten lassen. Man nennt solche Formeln in der Schriftauslegung "doxologisch" ( wie auch am Schluss des Vaterunsers). Das Bekenntnis zu Jesus Christus geschieht in der Gewissheit der Wahrheit der christlichen Botschaft und ist gleichzeitig ein Bekenntnis zur Wahrheit der christlichen Botschaft. Damit ist auch die Unverfügbarkeit des Kommens des Reiches Gottes durch Jesus Christus zum Ausdruck gebracht. Je nachdem wie die Lage der Gemeinden in dieser Welt ist, wird Gottes Kommen mehr zum Gericht über die Welt und zur Freude und Erleichterung der Gemeinden erwartet, vielleicht aber auch gefürchtet, wenn man an die vielen Dinge denkt, die auch bei uns oft noch nicht gut sind und deren Abstellung nicht nur unser inständiges Gebet, sondern auch viel Kraft von Gott her erfordert.
Pfarrer Massalsky, 25. 7. 2002
Fragen zum Text: ist mit Gottes Kommen in unserer Welt nicht mehr zu rechnen, gibt es in unserem Leben Anzeichen dafür, dass er nicht kommt oder dass er bald kommt? Welche Erneuerung wäre bei uns in der Gemeinde wichtig? Verbergen statt Aufdecken ist das die richtige, die bessere Einstellung in Sachen Schuldvergebung?